Kunsthaus Kloster Gravenhorst Hörstel

Die Umnutzung, der Umbau und die Restauration des denkmalgeschützten Gebäudekomplexes umfassten das ehemalige Zisterzienserinnenkloster aus dem 13. Jahrhundert, die Mühle sowie das Back- und Brauhaus.

Viele Teile des Gebäudes waren stark zerstört, andere geprägt durch zahlreiche bauliche Ergänzungen und Überformungen. Das Sanierungskonzept trug den verschiedenen Epochen Rechnung. Deshalb stehen erhaltene und sanierte Elemente wie das dreiteilige gotische Maßwerkfenster von 1400, die Spitzbogenfensterumrisse des ehemaligen Kreuzganges oder der Stufengiebel aus der Renaissance neben modernen Elementen wie dem monolithischen Treppenhaus aus Beton.

Anderes wurde zitiert und abstrahiert, wie das System ehemaliger Versorgungskanäle: Das Wasser aus den Regenrinnen wird durch schmale Sandsteinspuren in die Gräfte geleitet. Die Außenfassaden wurden mit einem witterungsbeständigen Muschelkalkputz versehen, der das Mauerwerk füllt und die an vielen Stellen stark beschädigte und überformte Struktur optisch vereinheitlicht. Heute ist das zum Kunsthaus umgenutzte und sanierte Kloster Gravenhorst ein multifunktionales Veranstaltungsforum mit moderner Ausstellungs-, Bühnen-, Licht- und Tontechnik.

LeistungGeneralplanung
AuftraggeberKreis Steinfurt
BilderAndreas Wiese, Düsseldorf

 

Die bauliche Geschichte des Klosters

Ältester Bau des Klosters ist die Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Von ihr aus wuchs die Anlage in den nächsten 150 Jahren Richtung Süden und Osten. Nach und nach entstanden so West-, Süd- und Nordwestflügel und Hof.

In den folgenden Jahrhunderten überzogen Seuchen, Kriege und Naturkatastrophen das Land. Besonders schwere Verwüstungen richtete der Dreißigjährige Krieg an. Der Wiederaufbau veränderte das Kloster erheblich, die Spuren dieser Reparaturen und Erneuerungsmaßnahmen sind heute vor allem noch am Ostgiebel des Südflügels und in der Ostansicht des Westflügels deutlich erkennbar.

Das denkmalpflegerische Konzept

Das denkmalpflegerische Konzept für das Kloster Gravenhorst bekennt sich zur Authentizität, schafft es aber auch, Umnutzungsziel und Praktikabilität zu berücksichtigen und ein Lehrstück lebendiger Baugeschichte und sensibler Sanierung zu generieren.

Die Aufgabe bestand darin, dass stark verfallene Kloster mit Back- und Brauhaus sowie Mühle vor dem Verfall zu retten, instand zu setzen und einer neuen Nutzung zuzuführen.

Ziel war die Sichtbarmachung der kultur- und bauhistorischen Anamnese, funktionale Instandsetzung und bauliche Unterstützung eines homogenen Betreiber- und Nutzungskonzeptes. Und alle Aspekte sollten durch den gestalterischen Geist der zisterzienserischen Architektur (Reinheit, Schlichtheit und Bescheidenheit) verbunden werden.

Sanierung der Fassaden

Die Außenfassaden wurden mit einem witterungsbeständigen Muschelkalk-Putz versehen, der das Mauerwerk füllt und die an vielen Stellen stark beschädigte und überformte Struktur optisch vereinheitlicht. Entsprechend dem denkmalpflegerischen Ansatz, vorhandene Originalsubstanz so wenig wie möglich zu verändern, wurden die Wandflächen verputzt, ohne Unebenheiten zu glätten.

Der Westflügel

Der zweigeschossige Westflügel (auch Fräuleinflügel genannt) ist der älteste Gebäudeteil des Klosters. Er wurde direkt an die Kirche gebaut und enthielt das Refektorium (Speisesaal), das man später in den Südflügel verlegte, sowie klösterliche Aufenthaltsräume. Im Obergeschoss des Flügels waren die sieben einzelnen Schlafkammern untergebracht.

Der Saal

Herzstück des Nutzungskonzeptes Kunsthaus ist heute der große Veranstaltungssaal im Westflügel. Um eine optimale Raumhöhe zu erreichen und auch, um die hier denkmalpflegerisch besonders interessanten Details wie Spitzbogenfenster und Maßwerkfenster perfekt "in Szene zu setzen", wurde auf die Wiederherstellung des ehemaligen Geschossbodens verzichtet. Lediglich die Balkenauflage ist heute noch erkennbar.

Der großzügige, helle Multifunktionssaal besitzt eine imposante und doch bescheidene, fast sakrale Aura und bietet gleichzeitig den gebäudetechnischen Komfort eines modernen Veranstaltungs- und Ausstellungsortes. Bis zu 300 Personen können in dem 50 Meter langen Saal dank flexibler Bestuhlung Platz nehmen. Bewegliche Ausstellungswände, eine mobile Bühne und moderne Licht-, Ton- und Vorführungstechnik stehen für die verschiedensten Anlässe bereit.

Das Treppenhaus

Kaum ein Element veranschaulicht das selbstverständliche Nebeneinander von Substanz und Moderne besser als das monolithische Treppenhaus. Der graue Sichtbetonblock provoziert, indem er weder beschönigt noch vermittelt. Von weitem sichtbar und frei stehend, als habe er Respekt vor der historischen Fassade, gibt er nicht vor, etwas anderes zu sein, als er ist.

Nämlich ein vertikales Erschließungselement, in dem wichtige Funktionalitäten wie eine rollstuhlgerechte Geschossverbindung und die Gebäudetechnik Platz haben. Mit dem massiven Betonblock, der gerade zum feingliedrigen Maßwerkfenster einen fast herausfordernden Kontrast bildet, wurde ein deutliches Zeichen gesetzt. Die puristische Ursprünglichkeit des Alten wird durch diesen Einbau zusätzlich unterstrichen.

Der Südflügel

Der Südflügel gehört zu den jüngeren Gebäudeteilen. Er wurde im 15. Jh. errichtet und besitzt ein Kellergewölbe aus dem 17. Jh. Wie das gesamte Kloster wurde auch er in verschiedenen Bauabschnitten errichtet, der älteste stammt aus dem 16. Jh. Er ist das Ergebnis eines Verschmelzungsprozesses von Fragmenten aus vielen Epochen und Nutzungen, deutlich erkennbar an den unterschiedlichen Geschossniveaus.

Nach den starken Blessuren im Dreißigjährigen Krieg wurde der Bau nicht nur repariert, sondern auch erheblich erweitert und in ersten Schritten vereinheitlicht. Der den Südflügel nach Osten abschließende Stufengiebel aus der Renaissance ist heute noch komplett als Original erhalten.

Damals erhielt der Flügel seine heutigen Ausmaße von beachtlichen 60 Metern Länge und ein zweites Obergeschoss. Eine besondere Herausforderung stellten die über zwei Geschosse reichenden Saalfenster dar. Statt Wiederherstellung der damals dominanten Öffnungen werden die Original-Proportionen hier lediglich angedeutet. Die schlichte Abstraktion in Form langer, schmaler Fensterschlitze erinnert an die historische Gestalt und vermeidet jede optische Störung des Gesamteindrucks der Fassade.

Die Einwölbung des Kellers unter dem Südflügel stammt aus dem 17. Jh. Lange vorher befand sich hier jedoch bereits die Küche der Äbtissinnenwohnung, von der noch heute der Kaminblock sowie Teile des alten Treppenaufganges erhalten ist. Die niedrige Deckenhöhe des sanierten Untergeschosses lässt nur eine eingeschränkte Nutzung zu.                                                              

Die Aussenanlagen

In der baulichen Bestandsaufnahme von 1991 hieß es: "Der Klosterinnenhof ist als Garten- und Naturaldenkmal zu betrachten." Entsprechend versuchte man nicht, im Innenhof ehemalige Querbauten zu rekonstruieren, sondern konzentrierte sich auf die Adaption eines neuen Nutzungskonzeptes: Mit minimalen Mitteln wurde eine einheitliche Multifunktionsfläche geschaffen. Die Besonderheit der Aufgabe bestand darin, die schwierige Höhenstaffelung zwischen Gastronomie und Westflügel auszugleichen. Man entschied sich deshalb für eine leicht geneigte Fläche, die zwischen den verschiedenen Höhenniveaus der Hof- und Gebäudezugänge vermittelt.

Der Bodenbelag aus sandfarbenem Schotter korrespondiert mit den geschlämmten Fassaden und setzt doch einen unmissverständlich modernen Akzent. Die schnörkellosen Steinbänke an Westflügel- und Kirchenseite sind nicht nur Ruhezonen für Besucher:innen, sie dienen auch als visuelles Differenzierungselement zwischen Alt und Neu.

Außen zitiert und abstrahiert das moderne Gestaltungskonzept auch das System ehemaliger Versorgungskanäle: Das Wasser aus den Regenrinnen wird durch schmale Sandsteinspuren in die Gräfte geleitet.

Konsequente Differenzierung

Baukörper, Fassadengestaltung, Inneneinrichtung, Gebäudetechnik oder Landschaftsplanung – die Sanierungsphilosophische Kontrastierung von Originalsubstanz und modernen Elementen zieht sich durch das gesamte Sanierungskonzept.

Auch bei der Gestaltung der Außenanlagen wurde nicht vordergründig nachgebildet, sondern substanziell erhalten und ansonsten bewusst kontrastiert. Die Wiederbelebung der historischen Freianlagen beschränkt sich deshalb auf die Sichtbarmachung der alten Aufteilung durch Gräftanlage, Wege und Alleen, die Restaurierung einer Barockbrücke und die Wiederherstellung alter Obstgärten und Wiesen, so wie es sie zu Klosterzeiten gegeben hat.

Die sensible Integration von historischer Spurensicherung und zeitgemäßer Gestaltung führte auch hier zu einem zurückhaltenden, fast leisen Gesamtbild, das genug Raum für Interpretation lässt.

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