06.09.2023

Im Interview mit Burkhard Mentrup und Michael Specht

Ende 2023 wird Burkhard Mentrup aus der Geschäftsführung ausscheiden. Bis Anfang des Jahres 2025 bleibt er dem Unternehmen mit seiner langjährigen Expertise und Erfahrung als Senior Consultant erhalten. Seine Position in der Geschäftsführung übernimmt der Architekt Michael Specht, der hier bereits seit 2016 als Prokurist tätig ist.

Im Gespräch werden die vertrauensvolle Zusammenarbeit und berufliche Parallelen deutlich.

Herr Mentrup, Sie sind bereits seit über 26 Jahren für agn tätig. Was hat Sie am meisten geprägt?

BM: Besonders prägend war das erste agn-Projekt: der Umbau und die Fassadensanierung der Feuerwache Halle. Als ich 1997 als Nordlicht am Standort in Halle begonnen habe, gab es immer noch eine spürbare „Schwelle“ zwischen Ost und West. Das habe ich in der Projektarbeit anfangs deutlich gespürt. Aber mit der Zeit ist auf persönlicher Ebene der Knoten geplatzt und es sind echte Freundschaften entstanden, die bis heute halten. An der Bauaufgabe mit all ihren großen und kleinen Herausforderungen sind wir gemeinsam gewachsen und das war eine sehr positive Erfahrung.

Gab es in den folgenden Jahren ein besonderes Highlight?

BM: Der Zuschlag für die Feuerwache München! Die Konkurrenz im Vergabeverfahren war sehr stark. Als wir zur Präsentation fuhren und die beeindruckenden Pläne der anderen Büros sahen, dachte ich, dass wir den Auftrag nicht bekommen würden. Und dann kam die Nachricht, dass unser Konzept überzeugt hat. Diesen Anruf werde ich nie vergessen. Rückblickend war der Zuschlag ein echtes Highlight, weil die Feuerwache so komplex und anspruchsvoll zu planen war, viele Funktionen erfüllen musste und der Konkurrenzdruck so groß war. Für das Team aus Halle war es bis dahin das größte Projekt, das wir in einem öffentlichen Vergabeverfahren gewinnen konnten.

Mit so viel Erfahrung im Gepäck: Haben Sie noch einen Ratschlag für die Kolleginnen und Kollegen?

BM: „Immer einen Joker in der Tasche haben“ - das war und ist meine Devise. Auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein und eine Lösung in der Hinterhand zu haben. Das ist angesichts der zunehmenden Komplexität von Bauvorhaben natürlich nicht mehr so einfach. Doch unser Joker steckt in dem gesammelten Wissen der agn-Gruppe. Dank unserer breiten Aufstellung in allen Fachdisziplinen haben wir die nötige Expertise meist im Haus. Meine Botschaft dahinter ist: Qualität entsteht dann, wenn man voraussieht, was auf der Baustelle passieren kann, und nicht den Problemen hinterherläuft. Dazu gehört auch die Digitalisierung der Prozesse auf der Baustelle. Ich wünsche mir, dass unsere Mitarbeitenden sich dieser Herausforderung stellen, Lösungen entwickeln und weiterhin den hohen agn-Qualitätsstandard in den Projekten umsetzen.

Welche persönliche Bilanz ziehen Sie aus Ihrer Zeit als Geschäftsführer?

BM: Wenn ich auf die Zeit zurückblicke, insbesondere auf die letzten sieben Jahre gemeinsam mit Michael, komme ich zu dem Schluss, dass wir den Geschäftsbereich öffentliches Bauen auf eine sehr gute Basis gestellt haben. Wir haben spannende Projekte, richtig gute Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Begeisterung im Team. Das ist schön zu sehen und ein guter Abschluss für meine Zeit als Geschäftsführer.

Herr Specht, das klingt nach einer guten Basis für Ihre nächsten 26 Jahre. Was nehmen Sie aus den gemeinsamen Jahren mit?

MS: Mein erstes agn-Projekt war auch für mich das bisher prägendste. Das Juridicum in Kiel habe ich in der laufenden Planung übernommen. Unser Auftraggeber hatte sehr hohe Ansprüche. Burkhard kannte das aus eigener Erfahrung und konnte mich in schwierigen Situationen gut unterstützen. Auch der Zuschlag für die Fakultätenblöcke in Kiel war ein gemeinsamer Erfolg. Wir hatten viel Manpower in das Verfahren gesteckt, Pläne, Skizzen und Modelle sehr gut ausgearbeitet und uns für die Präsentation – bei der Burkhard übrigens auch einen Joker in Persona dabeihatte – sehr gut aufgestellt. Der Zuschlag war der Grundstein für unsere gemeinsame Erfolgsgeschichte.

Und wie gehen Sie die nächsten Jahre ohne Burkhard Mentrup an?

MS: Zunächst freut es mich, dass im Team bereits großes Vertrauen vorhanden ist und ich darauf aufbauen kann – so meine Wahrnehmung. Für das Miteinander im Büro habe ich das Bild eines Segelschiffes vor Augen: Jedes Crewmitglied hat seine Aufgaben- und Verantwortungsbereiche. Alle packen mit an und nehmen Rücksicht auf die Belange der anderen. Und es gibt den Skipper, der alles im Blick hat, erkennt, wenn Sturm aufzieht, Entscheidungen trifft und das Ruder in die Hand nimmt, um Mannschaft und Schiff sicher in den nächsten Hafen zu bringen. Übersetzt heißt das für mich: Teamarbeit mit flachen Hierarchien, eigenverantwortliches Handeln und eine hohe Identifikation mit dem Büro und den Projekten. Und mittendrin bin ich der Ansprechpartner, zu dem man immer gehen kann, wenn es Probleme gibt. Dieses Gefühl möchte ich vermitteln.

Welche persönlichen Ansprüche oder Wünsche haben Sie auf Projektebene?

MS: Für die Zukunft wünsche ich mir weiterhin spannende Projekte wie beispielsweise die Umnutzung des ehemaligen Einkaufszentrums Vivo. Zukunftsorientierte Bauweisen, neue Denkansätze und Themen wie Bestandserhalt, Umnutzung und Urban Mining haben in den letzten Jahren extremen Aufschwung erfahren. Das erleichtert die Umsetzung und macht Freude. Und ich möchte unseren Anspruch an Architektur beibehalten und weiter ausbauen: Gebäude nutzerfreundlich, vielseitig, ästhetisch ansprechend und zukunftsfähig zu planen. Räume mit einer wirklich guten Atmosphäre zu entwickeln, um den menschlichen Bedürfnissen im Hinblick auf zukünftige Herausforderungen gerecht zu werden.

Welchen Themen möchten Sie sich in Zukunft besonders widmen?

MS: Ich finde unsere aktuellen Projekte im Bereich Bildungsbau sehr erfüllend. Das Weiterdenken im Bestand, die Wiederverwendung von Materialien und Bauteilen, das war vor ein paar Jahren noch völlig abwegig, ist aber in kürzester Zeit selbstverständlich geworden.

FotosJohannes Arlt

 

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