21.05.2013

Eisspeicher

Diese technische Lösung ist unter dem Begriff des saisonalen Eisspeichers bekannt geworden. Beim Stuttgarter Stadtarchiv stimmten die agn-Ingenieurinnen und -Ingenieure dessen ursprüngliche Idee – Energie pendelt zwischen Sommer und Winter – auf die speziellen Anforderungen des Archivs, nämlich den sehr kurzfristigen, abwech­selnden Bedarf von Wärme und Kälte, ab.

Kern dieser Technologie ist eine gasbetriebene Absorber-Wärmepumpe, die zur Beheizung des Gebäudes eingesetzt wird. Diese Wärme wird einem Wasser-Erdspeicher entzogen. Durch diesen Wärmeentzug friert das hier gelagerte Wasser komplett durch. Man speichert also Kälte, indem man Wärme erzeugt. Diese Kälte steht dem Gebäude dann zur Verfügung, um die Archivbereiche zu kühlen bzw. zu entfeuchten. Diese Kälte wird in einem außen liegenden, ca. 400 m³ großen Wassertank durch Eisbildung angespart, um für den Kühlfall unter geringstem Energie­einsatz zur Verfügung zu stehen.

Beispiel: Beim Projekt Stuttgarter Stadtarchiv, Bad Cannstatt, ist das Energiekonzept ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Von Anfang an war der Anspruch hoch. Bereits bei den Planungen 2006 wurden energetische Richtlinien umge­setzt, die die Anforderungen der EnEV deutlich übertrafen. Der Stuttgarter Energieerlass ver­langte – anders als die EnEV, die nur einen Gesamtnachweis fordert – die Einzelberechnung aller Komponenten und Bauteile wie Fenster und Türen. Der maximal hohe Energiestandard wurde also auf alle Bauteile übertragen. Kernelement des Energiekonzeptes ist ein Eisspeicher.

Die Idee entstand durch die spezifische Si­tuation am Bauort: Bad Cannstatt liegt im Quellenschutzgebiet und verfügt über wertvolle Heilwasservorkommen. Das machte die Nutzung geothermischer Energie mit Hilfe von Erdspießen unmöglich.

Im Prozess des Planens wurde die Möglichkeit einer Energiespeicherung diskutiert. Diese durfte weder zu große Energieverluste aufweisen, noch das Grundwasser beeinträchtigen (also die sensible Tonschicht durchstechen) oder in die Nähe des wertvollen Heilwassers kommen.

Für beide „Probleme“ – die sensible, schnelle und möglichst wenig energieträchtige Ausregelung der Außentemperatureinflüsse sowie die Distanz zum Heilwasser/Grundwasser – eignete sich die Lösung Eisspeicher.

Der große Speicherbehälter liegt genau auf der separierenden Tonschicht und beeinträchtigt das Grund- und Heilwasser nicht.

Ausschlaggebend für den Eisspeicher in Kombination mit den gasbetriebenden Absorber-Wärmepumpen war dann ein langwieriger Konzeptvergleich, um Ökologie und Ökonomie gleichermaßen günstig zu beeinflussen.

Eine Simulation der konkreten Verhältnisse, also des Zusammenspiels aus Kälte- und Wärmebedarf, ergab die optimale Auslegung des 400 m³ großen Eisspeichers. Durch dieses Konzept ist es möglich, gegenüber konventionellen Techniken bis zu 30% der Energie einzusparen.

BilderOlaf Mahlstedt, Hannover | agn

 

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