15.08.2012

Paternoster für die Akten

Sanierung und Erweiterung des Stadthauses Dortmund

Wesentliches Ziel bei der Sanierung und Erweiterung des Stadthauses Dortmund war es, die Erfordernisse eines modernen öffentlichen Dienstleistungszentrums ins Gebäude zu integrieren und dabei die facettenreiche historische Bausubstanz zu sichern.

Das Alte Stadthaus in Dortmund wurde 1899 von Stadtbaurat Friedrich Kullrich im Stil der Neurenaissance errichtet. Nach starker Beschädigung im Zweiten Weltkrieg wurde es in leicht vereinfachter Form wieder aufgebaut. Hauptnutzer des denkmalgeschützten Gebäudes ist die Dortmunder Stadtverwaltung. Heute ist dort unter anderem das Dienstleistungszentrum „Bürgerdienste International“ untergebracht. Wesentliches Ziel bei der von agn durchgeführten Sanierung und Erweiterung des Alten Stadthauses war es, die Erfordernisse eines modernen Dienstleistungszentrums mit größtmöglicher Bürgernähe in das Gebäude zu integrieren und dabei die facettenreiche historische Bausubstanz zu sichern.

Um das selbstverständliche Neben- und Miteinander historischer und neuer Schichten zu unterstreichen, wählten wir für die neuen Innenräume helle Sand- und Ockertöne, die mit der Tönung des Klinkers und der Metallteile korrespondieren.

Gläserne Brücken verbinden Alt und Neu

Im Innenhof des Stadthauses, gegenüber dem äußeren Straßenraum um 1,80 Meter abgesenkt und mit einer neuen Zufahrt versehen, entstand das neue Herzstück des Gebäudes: der aufgeständerte, großzügig verglaste Pavillon für das Dienstleistungszentrum „Bürgerdienste International“. Zwei verglaste Brücken verbinden den Pavillon mit dem Hauptgebäude und gewährleisten kurze Wege zu allen Eingängen des umgebenden Altbaus.

Die Anlässe, das Gebäude aufzusuchen, sind für die ausländischen Mitbürger nicht immer erfreulich: Das Amt verlängert ihre Aufenthaltserlaubnisse, manchmal erhalten die Besucher aber auch einen Abschiebebescheid. Auf diese häufig emotional aufgeladenen Anlässe versuchten wir architektonisch zu reagieren: Freundliche Farben und helle Holzwerkstoffe unterstützen den konstruktiven und wertschätzenden Umgang mit den Besuchern in baulicher Form.

Die klare, hufeisenförmige Zonierung der Servicelandschaft garantiert einen reibungslosen Publikumsverkehr. Geschuppte und schallabsorbierende Paravents schaffen die notwendige Privatsphäre; für die Besprechung heikler Fälle stehen zusätzlich verglaste Büros zur Verfügung.

Grundsätzlich basiert die Arbeit im Amt für Ausländerwesen trotz aller Weiterentwicklung in der elektronischen Datenverarbeitung auf absehbare Zeit weiterhin auf analogen Daten; die Mitarbeiter arbeiten mit Formularen, Stempeln und Papieren. In der Summe sind mehr als 1000 Meter Akten zu verwalten.

Schnittstelle zwischen digitaler und analoger Verwaltung

Die notwendige Schnittstelle zwischen digitalem und analogem Behördenbetrieb gewährleisten die beiden prägnanten und farbig verkleideten Rotationslifte als „Aktenpaternoster“, die den größten Teil der notwendigen Dokumente aufnehmen. Sie lassen sich direkt von den Computern an den Servicearbeitsplätzen ansteuern und ermöglichen den Mitarbeitern dank intelligenter Steuerung innerhalb von wenigen Sekunden den Zugriff auf die notwendigen Papiere und Dokumente. Darüber hinaus dienen sie mit ihren markanten Oberlichtlaternen als Licht- und Luftquelle des Großraumes und beleben die einsehbare Dachlandschaft im Sinne einer fünften Fassade.

Die beiden Rotationslifte fassen insgesamt 1000 laufende Meter Akten. Sie bilden eine effiziente Schnittstelle zwischen analogen und digitalen Informationen.

 

Daneben wurden über 14.500 Quadratmeter Geschossfläche generalsaniert. Die besondere Herausforderung des betriebskostenoptimierten und bauphysikalisch ausgereiften Konzepts bestand darin, die Belange des Denkmalschutzes mit den vielfältigen Anforderungen der modernen Nutzung in Einklang zu bringen. So wurde zum Beispiel weitestgehend auf eine zerstörungsfreie Installation geachtet, indem die Elemente der Raumautomation kabellos in Funktechnik ausgeführt worden sind. Eine gewerkeübergreifende Gebäudeautomation sorgt dafür, dass nur belegte Büros beheizt und beleuchtet werden. Über Präsenzmelder erfasst, wird beim Verlassen automatisch das Licht abgeschaltet; ist der Raum nicht belegt, wird auch nicht geheizt. Fensterkontakte reagieren auf geöffnete Fenster und geben den Impuls für das Sperren der Heizungsventile.

Bei den in Teilen divergierenden Interessenslagen half die Kompetenz und Effizienz des eingespielten Generalplanerteams bei der notwendigen „Moderation“.

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