15.08.2012

Der Gesamtprojektleiter

Wachsende Anforderungen verändern Projektleitung

Koordinierungsfähigkeit ist heute eine Schlüsselkompetenz für die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes. Der fachlich spezialisierte Projektleiter kann das nicht mehr alleine leisten. Es braucht eine Gesamtprojektleitung, die steuert, koordiniert und integriert.

Sie werden sich fragen, was denn nun Gesamtprojektleitung sein soll. Heute ist im Grunde jede Planung für ein Objekt, wenn es nicht gerade eine Fertiggarage oder ein Einfachstgebäude ist, eine Generalplanung. Architekten, Ingenieure, Tragwerksplaner, Bauphysiker und andere Sonderfachleute sind notwendig, um den stetig steigenden gesetzlichen und technischen Anforderungen in der Projektbearbeitung gerecht zu werden. Die Zeiten, in denen der Architekt die Statik mitlieferte und auch noch die Haustechnik plante, sind vorbei – Spezialisten sind erforderlich.

 

Generalplaner sind die Baumeister von heute

Seit der Antike war der Baumeister gleichzeitig Gestalter, Künstler, Konstrukteur und Techniker in einer Person. Dabei waren die Projektziele der Bauherren relativ einfach, wenn ihre Umsetzung auch oft mühselig war. Je größer und anspruchsvoller die Projekte waren, desto unklarer waren Kosten, Termine und Qualitäten definiert. Als man mit der Planung des Kölner Doms begann, wusste niemand genau, wann er fertig wird und was er kosten soll, geschweige denn, welche Details zur Ausführung kommen sollten. Das würde heute kein Bauherr mehr akzeptieren. Die Entwicklung der letzten 40 Jahre führte zu einem rasanten Anstieg von Beratern und Sonderfachleuten und zu einer Differenzierung in Architekten und Ingenieure der verschiedenen Disziplinen. In Zeiten von Passiv- und Plusenergiehäusern, heterogenen Nutzungen innerhalb eines Gebäudes und einem stetig voranschreitenden technologischen Fortschritt entstehen immer weitere neue Disziplinen wie Automation, Sicherheitstechnik, Integrationsplanung, Life-Cycle-Engineering, um nur einige aufzuzählen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch am Bau wieder – besonders sichtbar an den Bauschildern, auf denen sich die Anzahl der Büros kaum von der Anzahl der ausführenden Firmen unterscheidet. Einerseits sichern die vielen Disziplinen dem Bauherrn die Einhaltung technischer Standards und das höchste Projektziel, die Qualität, andererseits machen sie für ihn alles immer unüberschaubarer. Umfang und Ausmaß der durch den Bauherrn zu treffenden Entscheidungen wachsen dabei exponentiell mit. Kurzum, mit stetig wachsender Spezialisierung entfernen wir uns immer stärker vom Idealbild des Baumeisters, der auf Grund seiner Kenntnisse ein idealer Berater und Dienstleister war.

 

Controllingaufgaben nehmen stetig zu

Die Architekten haben in den letzten Jahren viel ihres Renommees eingebüßt. In der öffentlichen Wahrnehmung werden sie klischeehaft eher als Künstler denn als Ingenieure oder Techniker gesehen. Als in den 1970er Jahren manche von ihnen den Überblick bei Großprojekten im Hochschulbau verloren haben, kamen die Projektsteuerer auf den Plan und begannen, sich mit Übernahme von Controllingaufgaben in Bereiche der Architekten einzumischen. So haben Bauingenieure nicht nur die Bereiche der Bauherrenaufgaben wie Projektsteuerung und Projektmanagement übernommen, sondern sich auch klassische Architektendisziplinen wie Kalkulation, Vergabe, Ausschreibung und Qualitätssicherung zu eigen gemacht. So klingt es fast verächtlich, wenn noch von künstlerischer Oberleitung durch den Architekten gesprochen wird.

Die von den Architekten allgemein beanspruchte Funktion der Projektleitung beruht heute leider meist auf im Studium vermittelten, falsch verstandenen Anspruchsdenken – der Architekt sei durch seine Gestaltungs- und Entwurfsvorgabe die leitende und bestimmende Person im Projekt. Auch die wenig realitätsnahe Sichtweise der Hochschulprofessoren, sie würden ihre Architekturstudenten als Generalisten ausbilden, hat nichts mit Generalplanung und Arbeiten auf Augenhöhe mit anderen Disziplinen zu tun. Es ist eher ein Relikt aus überholten Zeiten, in denen der Architekt die Vorgaben machte, nach denen sich alle zu richten hatten. Ein Projekt heute erfolgreich zu führen, erfordert umfassende Kenntnisse in Kommunikation und Organisation, um die Abläufe zu koordinieren und die Projektziele des Bauherrn in den Bereichen Kosten, Termine und Qualitäten konsequent umzusetzen.

Es geht nur miteinander

Weder Architekten noch Ingenieure sind heute in der Lage, ein Projekt allein zu planen und abzuwickeln. Und mit dieser entstandenen gegenseitigen Abhängigkeit ist die Notwendigkeit der interdisziplinären Bearbeitung so bedeutend geworden, dass ein Projektteam nur gemeinsam und miteinander die Schnittstellen und Zielvorgaben für die optimale Nutzung und den Betrieb einer Immobilie absichern kann. Gerade wegen dieser Abhängigkeit ist das bereits genannte Arbeiten auf Augenhöhe Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt. Bereitschaft zur Integration, Unterordnung der eigenen Ansprüche, Verständnis und Wertschätzung sind Bedingungen echter generalplanerischer Arbeit.

In jedem Projekt muss es einen Projektleiter geben, jemand, der Ansprechpartner des Auftraggebers ist, dem Team vorsteht, Qualitäten, Kosten, Termine im Auge hat, Ziele vorgibt, die Prozesse steuert und die Ergebnisse kontrolliert. Ist der Bauherr nicht selbst in der Lage, diese Rolle zu besetzen, bedient er sich in der Regel eines Projektsteuerers. Der Architekt ist sehr wohl prädestiniert, die Projektleitung im Sinne eines baumeisterlichen Verständnisses zu übernehmen, wenn er die Voraussetzung hierfür erfüllt, doch durch die Ausbildung an der Hochschule sind auch die Bauingenieure in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Mit dem Gesamtprojektleiter geben wir diesem Projektleiter auf Bauherrenseite ein Gegenüber, das die Steuerungsnotwendigkeit auf ein Minimum reduziert. Durch Aus- und Weiterbildung versuchen wir, in unserem Unternehmen den schwierigen Entwicklungen und immer höheren Ansprüchen durch rechtliche Verschärfung, negative Qualitätsentwicklungen am Bau, stärkere Technisierung und immer schnellere Planungs- und Bauzyklen mit einer qualifizierten Bauherrenberatung entgegenzutreten.

 

Gesamtprojektleiter als Planungsmanager

Letztendlich steigt mit zunehmender Größe eines Projektes auch der administrative Aufwand enorm. Dies führt dazu, dass wir heute neben einem fachlich spezialisierten Projektleiter für die Architektur, Technische Gebäudeausrüstung oder Tragwerksplanung auch einen „Gesamtprojektleiter“ einsetzen müssen, der ausschließlich steuernde und leitende Funktionen übernimmt. Dieser Gesamtprojektleiter erfüllt im Wesentlichen interne Projektsteuerungsaufgaben und ist durch die Integration im echten Generalplanerteam zugleich entlastender und stärkender Faktor für die Projektgruppe.

Als wir diese Entwicklung vor einigen Jahren erkannten, suchten wir nach Möglichkeiten, diesen Anforderungen gerecht zu werden und daraus einen Mehrwert für unsere Bauherren zu generieren. Über Jahrzehnte haben wir für unsere Auftraggeber auch Bauherrentätigkeiten im Sinne von Projektmanagementaufgaben ausgeführt. Daher lag es nahe, den Bereich Projektsteuerung und Projektleitung zu stärken und bei unseren komplexen Generalplanungsprojekten die Position des Gesamtprojektleiters mit einem Projektsteuerer zu besetzen. Wir optimieren damit unsere echte Generalplanung und bieten unseren Bauherren eine integrierte Gesamtleistung an, die ihren eigenen Aufwand auf das Notwendige reduziert – ein echter Mehrwert für unsere Auftraggeber.

Daneben nutzen wir unsere jahrzehntelange Generalplanererfahrung wechselseitig für unser Angebot eines qualifizierten Projektmanagements und bieten dem Auftraggeber durch unser Know-how die Möglichkeit, seine Planer nicht nur zu koordinieren, sondern insbesondere dafür zu sorgen, dass die Qualitäten nachhaltig umgesetzt werden. Auch das ist ein Mehrwert.

 

Lothar Niederberghaus und Remus Grolle-Hüging

Gebäude X Universität Bielefeld

Neue Hochschulbauten sind zukunftsweisend für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Das Generalplanungsteam der agn hat hier eine hochwertige Architektur umgesetzt, die den wissenschaftlichen Austausch stärkt.

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