13.05.2020

BIM als Kalkulationsinstrument

Das digitale Gebäudemodell kann heute schon als Grundlage für die Mengenermittlung dienen. Das spart Zeit, minimiert Fehler wie Risiken und steigert die Qualität. Mark Heinisch, BIM-Fachmann und Software-Spezialist, erklärt warum.

Die Wörter „BIM“ und „Digitalisierung“ sind heutzutage in aller Munde. Im Zeichen des modernen Computer-Zeitalters versuchen die verschiedensten Bereiche, sich die Vorteile von künstlichen Intelligenzen zunutze zu machen. Doch was bedeutet das konkret für die Kalkulationsabteilung in Bauprojekten?
Um diese Frage beantworten zu können, muss man die klassischen Aufgaben der Kalkulationsprozesse kennen: Ziel ist, die Materialien und Dienstleistungen von Facharbeitern in einer Liste zu erfassen, die benötigt werden, um beispielsweise den Neubau eines Hotels zu realisieren. Bis heute funktioniert das folgenderweise: die Architekturpläne werden auf Papier gedruckt und der Kalkulator misst mit einem Lineal die Längen und Höhen der Wände und Decken und tippt die Massen in ein Programm ein. Jetzt kommt die BIM-Arbeitsweise ins Spiel. Hier werden nicht mehr Papierpläne benutzt, sondern der:die Architekt:in erstellt ein dreidimensionales Gebäudemodell, das vom Computer mit Hilfe eines Spezialprogramms mathematisch aufgenommen wird.

Mengenermittlung per Hand
Um die klassische Arbeitsweise inklusive der Mengenermittlung per Hand mit der computergesteuerten BIM-Methodik zu vergleichen, schauen wir uns einmal die Ergebnisse an, die von den beiden Arbeitsweisen geliefert werden: die „händische“ Vorgehensweise liefert beispielsweise in der Leistungsphase 6 ein Leistungsverzeichnis mit Positionen, beschreibenden Texten, Einheiten und vor allem den Mengen. Allerdings ist hier keine Verbindung zwischen den Mengen und den Architekturplänen vorhanden. Um nachvollziehen zu können, welche Mauerwerkswand in dem Text gemeint ist, muss man die Papierpläne mit den Texten vergleichen und kann nur interpretieren, wo die Wand wirklich steht. Eine Prüfung ist somit schwierig durchzuführen, vor allem Änderungen im Projektverlauf bringen hier Fehler mit sich, manche mit kleinen, manche mit großen Ausmaßen.

Berechnung auf Basis des 3D-Modells
Die digitale „BIM“ Arbeitsweise unterscheidet sich gegenüber der „händischen“ signifikant: durch die Berechnung nach speziellen VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) Abzugsregeln des Programms auf Grundlage des 3D-Modells, ist der Betrachtende in der Lage, die einzelnen Mengen in dem Leistungsverzeichnis zu selektieren und im 3D-Modell genau den Einbauort im Gebäude zu sehen, wenn der Anwender für die Software die entsprechenden Bibliotheken vorbereitet hat. Auf diese Weise wird hier BIM als Kalkulationsinstrument eingesetzt: es werden verschiedene Arbeitsschritte, die in herkömmlichen Projekten vom Bearbeiter per Hand durchgeführt werden, standardisiert und von Softwareprogrammen umgesetzt. So können die verschiedenen Phasen im Projektverlauf durch archivierte Sicherungen jederzeit geöffnet und miteinander verglichen werden. Automatisch erhält der Anwendende eine sehr detaillierte Dokumentation inklusive der dreidimensionalen Visualisierung mit dem Modell.

Zeitersparnis, Fehlerminimierung und Qualitätsanstieg erzielen den größten Mehrwert
Aktuell müssen die einzelnen Mengen noch per Hand eingegeben werden. Wenn die Bibliotheken mit den Positionstexten jedoch erst einmal definiert und standardmäßig entwickelt worden sind, kann die Erstellung eines Rohbau-Leistungsverzeichnisses mit der BIM-Methodik sehr viel schneller durchgeführt werden. Der Computer ist dann in der Lage, die Berechnung der Mengen sowie die Zuweisung der richtigen Positionstexte nach Standardleistungsbuch komplett zu übernehmen. Bei Projektänderungen wird sich dies besonders positiv auswirken.

Mehrwerte bringen Herausforderungen mit sich
Die ersten Erfahrungen in Pilotprojekten zeigen ganz klar, dass die Wirkung, die mit BIM als Kalkulationsinstrument einhergeht, maßgeblich von der Qualität der Daten abhängt, mit denen gearbeitet wird. Es hat sich herausgestellt, dass die BIM-Prozesse mit den computerunterstützten Berechnungen eine höhere Qualität, Fehlerminimierung sowie Zeiteinsparungen mit sich bringen, im Gegenzug aber auch neue Herausforderungen schaffen. Es darf nicht irgendein dreidimensionales Gebäudemodell für die computergestützte Mengenberechnung genutzt werden. Es gibt Richtlinien, die beachtet werden müssen, um ein solches Modell zu erstellen, beispielsweise darf es keine Lücken im Anschlussbereich von Wänden geben. Wenn solche Regeln nicht beachtet werden, führt dies zu fehlerhaften Ergebnissen.

Fazit
Wenn man den Grad der Digitalisierung der Baubranche mit anderen Bereichen der Industrie vergleicht, wird klar, dass eine Einführung längst überfällig ist. Beispielsweise wird im Bereich Flugzeug- oder Automobilbau schon seit vielen Jahren mit dreidimensionalen Modellen gearbeitet. Selbst in der Landwirtschaft werden momentan im Vergleich mit der Bauwirtschaft mehr digitale Werkzeuge eingesetzt. Wir als Generalplaner haben dieses Manko erkannt und sind dabei, BIM als Kalkulationsinstrument zu implementieren. Auf diese Weise legen wir die Grundlagen, um die Systeme zukünftig intelligenter zu gestalten.

 

 

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