15.08.2012

Baustelle mit Schlachtenbummlern

Koordinierte Infrastrukturplanung am Müngersdorfer Stadion in Köln

Infrastrukturanlagen im Freiraum sind heute planerisch ausgesprochen komplex. Durch eine gewerkeübergreifende Trassenplanung, die eine Vielzahl von Medien zusammenfasst, lassen sich viel Zeit und Kosten sparen.

Bei der Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland bestand ein hoher Anspruch an die Austragungsorte. Ein Baustein der Erneuerungsarbeiten an bestehenden Stadien – wie jenem im Köln-Müngersdorf – war die Erneuerung der technischen Infrastruktur, aber auch der Wegeleitsysteme. agn hatte den Auftrag, eine koordinierte Planung für eine termin- und kostensichere

Gesamtsanierung aufzustellen. Die terminlichen und baulichen Zwänge wurden durch langfristig festgelegte Austragungstermine und das oft beengte bauliche Umfeld des Stadions erhöht.

Um eine kontinuierliche Optimierung der technischen Anlagen zu gewährleisten, war eine interdisziplinäre Koordinierung der diesbezüglichen Beratungs-, Planungs- und Überwachungsleistung notwendig. Nur durch die steuernde und moderierende Leistung des Planers konnten in einem

weiteren Planungsschritt Leitungssysteme für Wasser, Strom, Gas, die Telekommunikation sowie zur Versorgung mit Fernwärme effektiv und terminlich optimiert gebaut und verlegt werden.

Die planerische Herausforderung lag neben den individuellen technischen und baulichen Anforderungen der Leitungssysteme darin, ihre Sicherheitsanforderungen, ihren Raumbedarf und die terminlichen Zwänge auf einen Nenner zu bringen.

Unterirdische Aufräumaktion

Unübersichtliche Eigentumsverhältnisse, Zuständigkeiten und planungsrechtliche Restriktionen kamen als Planungsaufgabe hinzu. Im Fall des Müngersdorfer Stadions war es nicht einfach, die Interessen aller Netzbetreiber zu koordinieren und unter einen Hut zu bringen – teilweise nahmen an den Planungsrunden bis zu 20 Personen teil. Auf der anderen Seite bringt es für die Netzbetreiber deutliche Personal- und Kostenentlastungen, wenn das Entscheidungs- und Schnittstellenmanagement in der Hand eines Planers liegt, der sich parallel um Planung und Bau verschiedener Netze kümmert.

Luftansicht des Sportparks Köln-Müngersdorf. In der Bildmitte das Stadion des 1. FC Köln

Unser Ziel, die verschiedenen Medien in einem Arbeitsgang innerhalb eines gemeinsamen unterirdischen Leitungskorridors zu verlegen, ersparte den Betreiberunternehmen den Aufwand von fünf Baustellen nebst eigenem Bauleiter. Dabei waren technische Konfliktherde zu berücksichtigen, wie zum Beispiel der notwendige Mindestabstand zwischen Strom- und Telekommunikationssträngen. Der Neuverlegung ging eine unterirdische Aufräumaktion voraus: Das Infrastrukturnetz rund um das Müngersdorfer Stadion war seit den 1920er Jahren über Jahrzehnte gewachsen und in sich heterogen. Bei den Erdarbeiten stießen wir auf Leitungssysteme unterschiedlichster Art und unterschiedlichsten Alters: Stromkabel aus den 1930er Jahren, gusseiserne Wasserleitungen, Tonrohre. Bei vielen Leitungen war zunächst nicht klar, ob sie noch in Betrieb sind oder nicht, weswegen zum Beispiel vor Entfernen eines alten Stromkabels zunächst ein Spannungstest erfolgte.

Ambitionierter Terminplan

Der ambitionierte Terminplan war bei laufendem Spielbetrieb umzusetzen. Beispielsweise war zu gewährleisten, dass im 14-tägigen Rhythmus circa 40.000 Besucher sicher das Baufeld passieren. Mit Blick auf potenziell gewaltbereite Fans hatte der Vandalismusschutz hohe Priorität: In einer Bauphase, als im Zugangsbereich des Stadions große unversiegelte Schotterflächen bestanden, hatten wir die

Aufgabe, den gesamten Schotterbereich mit Kunstrasen abzudecken, damit die Schottersteine für die Fans unzugänglich blieben. Auch die Koordinierung der Sicherheitsdienste, die Umsetzung der polizeilichen Anordnungen sowie Anforderungen des Brandschutzes und der Rettungsdienste waren zu berücksichtigen.

Diese Auflagen und Ansprüche nahmen erheblichen Einfluss auf unsere Planung. Nicht zuletzt schied damit die Sanierung des maroden Kanalsystems im offenen Bauverfahren aus. Sanierungs- und Neubaumaßnahmen waren dadurch nur in Teilbauschritten umzusetzen. Querungen

und Anschlüsse der übergeordneten Straßen und Straßenbahnanlagen konnten nur in Abstimmung mit dem Spielbetrieb erfolgen.

Schwarze Stelen mit Lageplänen dienen als neues Wegeleitsystem.

Reparaturroboter im Kanalsystem

Der generalplanerische Ansatz einer interdisziplinären Koordinierung der Fachplanungsleistungen Straßenbau und Freiraumplanung machte es möglich, das Projekt dennoch erfolgreich umzusetzen: Kanalsysteme wurden durch robotergestützte Bauweisen im Bestand saniert. Auf diese Weise wurden rund vier Kilometer bestehendes Kanalnetz saniert, ohne die Kanäle frei zu legen. Die Straßensanierungen und Umgestaltungen setzten wir parallel und in engster Abstimmung mit den Bauausführungen der technischen Infrastruktur um. Eine koordinierte Trassenplanung ermöglichte eine hocheffiziente Erneuerung und Neuerrichtung. Wegeleitsysteme und Sicherungssysteme wurden parallel entwickelt und stellten eine Bauausführung bei laufendem Spielbetrieb sicher.

Im Ergebnis konnte 2006 rechtzeitig vor Anpfiff der WM ein Freiraum mit hoher ästhetischer und funktionaler Qualität an den Bauherrn übergeben werden. Die auf den Ort und die Nutzung individuell zugeschnittenen Lösungen zeigen sich heute als Visitenkarte des erneuerten Müngersdorfer Stadions.

Sportpark Müngersdorf Köln

Die Gesamtsanierung des Sportparks Müngersdorf umfasste die Sanierung der zwei denkmalgeschützten Eingangsbauten (Abelbauten) aus den 1920er-Jahren und den Umbau von Bestandsgebäuden inklusive Außenflächen bei laufendem Spiel- und…

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